
Der Sprinter des LAZ Rhede wird 2007 Deuscher Meister über die 200 Meter – sein schönster sportlicher Moment.
BBV-Pressebericht von Daniel Oenning
Damit hatte er nicht unbedingt gerechnet. Die Konkurrenz jammert und der Schützling von „Mecky“ Emmerich nutzt diese Gunst der Stunde.
22. Juli 2007: Daniel Schnelting vom LAZ Rhede bejubelt im Erfurter Steigerwaldstadion bei den deutschen Meisterschaften im Ziel seinen Sieg über die 200 Meter – sein schönster sportlicher Moment, wie er sagt. Am linken Arm sind noch die Folgen eines Sturzes zu sehen, der eine Woche zuvor bei der U23-EM passiert war. Foto: Birkenstock
Rhede - Daniel Schnelting ist eine echte Erscheinung. Mit seinen 1,97 Metern und 95 Kilogramm hat er Gardemaß und ist
der
35-Jährige ein richtiger Hüne. Kaum zu glauben, dass er mit dieser Statur mal der schnellste Sprinter Deutschlands gewesen ist. Doch Schnelting war genau das.
Dreimal gewann der Sprinter des LAZ Rhede und Schützling von Trainer Hermann-Josef „Mecky“ Emmerich den deutschen Meistertitel der Herren über die 200 Meter (2007 in Erfurt, 2008 in Nürnberg, 2010 in Braunschweig). Und er holte bei den Junioren-Europameisterschaften 2005 in Kaunas/Litauen über die 200 Meter und mit der 4 × 100-Meter-Staffel jeweils die Goldmedaille. Die persönliche Bestzeit über seine Paradedistanz 200 Meter liegt bei 20,53 Sekunden, gelaufen bei der Deutschen Meisterschaft in Nürnberg 2008.
Schnelting richtete seinen Fokus gerade auf die Vorbereitungen zu den Olympischen Spielen 2012 in London, als ihm bei Sprungübungen in der Leichtathletikhalle des LAZ Rhede die Achillessehne riss. „Ich dachte echt, mir haut jemand mit einer Stange die Beine weg“, sagt er heute.
Diese Verletzung zwang den ehrgeizigen und hochtalentierten Sportler letztlich nach mehreren Versuchen, die Laufbahn fortzusetzen, zum Karriereende 2014. „Auch wenn ich immer sehr optimistisch bin, musste ich da realistisch sein und sagen, dass Schluss ist“, so Schnelting rückblickend.
Der gebürtige Oedinger hat also viel gesehen in seiner Profizeit, viele Titel auch im Juniorenbereich errungen. Doch welcher Moment war der Schönste?
„Das war auf jeden Fall der erste deutsche Meistertitel 2007 in Erfurt“, sagt er und fährt fort: „Wie sagt man? Unverhofft kommt oft? Das war es absolut und das hat es letztendlich umso schöner gemacht“, so Schnelting. „Mein Ziel war schon ein Podiumsplatz, aber ich habe mir bei der Konkurrenz wie zum Beispiel Alexander Kosenkow wenig Chancen ausgemalt.“
Der Vorlauf zum Finale im Erfurter Steigerwaldstadion am 22.Juli 2007 lief gut für den Sportler des LAZ Rhede. Viele seiner Konkurrenten jammerten über Blessuren und Schnelting merkte, dass da was geht. „Ich habe mich nach dem Vorlauf gut gefühlt, war fit. Einige der anderen Athleten nicht. Und da dachte ich mir, dass ich mir die schon holen werde“, so Schnelting.
Zum Finallauf öffnete dann der Himmel seine Schleusen. Regen und der Gegenwind auf der Bahn taten ihr Übriges. Viele LAZ-Freunde und Sportler warteten gespannt auf den Startschuss. „Zu solchen Events sind wir immer mit mehreren Bussen gefahren, das war immer eine tolle Atmosphäre“, sagt Schnelting, der seit 1999 Mitglied im Rheder Leichtathletikzentrum (LAZ) ist.
Und Schnelting kam gut aus den Startlöchern, immer im Kopf, in den ersten 50 Metern das Tempo hochzuziehen, um dann eine gewisse Lockerheit auf den zweiten 50 Metern und in der Kurve zu bekommen, wie er berichtet. „Und dann nach der Kurve auf den letzten 100 Metern geht’s ab. Ich konnte super hochschalten und es war ein wahnsinniges Gefühl, an den Gegnern vorbeizufliegen.“
Was ging in seinem Kopf vor, als er die Ziellinie als Nummer eins überquert hatte? „Ich dachte nur: Verrückte Welt, jetzt habe ich auch noch gewonnen“, lacht er und fügt hinzu: „Natürlich haben wir alle zusammen gefeiert, keine Frage.“
Dabei war die Stimmung im Vorfeld der deutschen Meisterschaft sogar ein wenig gedrückt. Bei der U23-Europameisterschaft eine Woche zuvor stürzten Schnelting und sein Mitläufer bei der 4 × 100 Meter Staffel. Er selbst hatte noch beim Wettkampf in Erfurt Schrammen an beiden Armen. Er sagt: „Wenn man sich mit 30, 40 kmh verhakt und auf die Bahn knallt, dann merkt man das schon. Minimal war ich dadurch gefrustet, aber das hat an dem Tag in Erfurt zu den Wettkämpfen bei mir absolut keine Rolle mehr gespielt.“
Eine große Rolle spielt in Schnelting’s Leben aber der Umgang mit der Krankheit Diabetes. Er selbst lebt seit 1991 mit Diabetes Typ I. Kurz vor dem Gespräch mit dem BBV war er von einem Segeltörn mit den „Diabetes Kids“ und Eltern heimgekehrt, Ziel der 40 Personen waren die Niederlande.
„Das war eine sehr spannende Sache und das Event einfach der Hammer“, berichtet der Oedinger. Schnelting hat dort auch über den Umgang mit Diabetes im Sport referiert – eine Sache die dem Vetriebsleiter der Medizintechnik im Bereich Diabetes sehr am Herzen liegt. „Irgendwie hat man als Betroffener ja immer mal mit Sport zu tun, sei es im Schulbereich. Und ich gebe sehr gerne Hilfestellungen und berichte da über meine eigenen Erfahrungen im Leistungssport und im Alltag“, so Schnelting.
Leistungssport betreibt Daniel Schnelting nicht mehr, aber zum Training beim LAZ Rhede geht er nach wie vor und auch immer noch gerne. „Ich liebe den Sport einfach und ich bin ein Wettkampftyp. Ohne geht es einfach nicht“, sagt er mit einem Augenzwinkern.